Franz-Josef Kamp nimmt Stellung zum Haushaltsplan 2020. Anlässlich der Kreistagssitzung am 27. Januar 2020 hält der Fraktionsvorsitzende folgende Rede:

Ein wenig habe ich mich heute Morgen gefreut, dass wir nun endlich den Haushalt verabschieden, ich kann mich nicht erinnern, dass wir mal so lange auf eine Haushaltsverabschiedung hingearbeitet haben. Am Ende hatte die Liste C nach der 4. Lesung im Ausschuss für Finanzen neun Seiten mit über 76 Änderungspunkten. Es war schon schwierig nicht den Überblick zu verlieren und noch zu konstatieren, was wir eigentlich schon im November und Dezember vereinbart und beschlossen hatten. Nachdem es nach der Weihnachtspause bereits am 2. Januar mit einer Fraktionsvorsitzendenrunde beim Landrat weiterging, haben wir bisher nun schon einige Haushaltsrunden gedreht und ich habe den Eindruck, mit mehr Zeit wird die Aufgabe nicht einfacher.

Danke an den Kämmerer Herrn Mennrich und seinem Team. Sie haben zum dritten Mal den Haushalt aufgestellt und vorgetragen, das alles haben Sie ruhig, sachlich und sehr kompetent erledigt. Mit Ihren verständlichen Folien, Schaubildern und Graphiken konnten Sie uns die wesentlichen Dinge des Haushalts nahe bringen. Dafür Danke.

Die Beratungen fingen wie geplant ganz normal im Oktober an, auch der Landrat-Wechsel sollte den Zeitplan nicht verändern und dann kam uns der Nachtragshaushalt Mitte November dazwischen und hat in der Kämmerei so viel Kapazität eingefordert, dass die reguläre Haushaltsverabschiedung nicht mehr zu schaffen war. Den Nachtragshaushalt haben wir gemacht, da die Haushaltssituation 2019 sich erheblich besser entwickelt hatte, als wir bei Aufstellung gedacht haben. Somit wurde die Kreisumlage rückwirkend zum 01.01.2019 gesenkt und mit einer zusätzlichen Erstattung im Kita-Bereich konnten unsere Kommunen noch mit zusätzlich 5 Mio. € für 2019 entlastet werden.

Die Senkung der Kreisumlage konnte neben einigen anderen Maßnahmen für 2020 verstetigt werde. In voller Höhe schlagen in diesem Jahr die Kosten für unser ÖPNV-Konzept zu Buche.

Unser Haushalt 2020 wächst stetig an und hat in diesem Jahr ein Volumen von 310 Mio. € und im Jahresergebnis einen Überschuss von nur 423.000 €

Investitionstätigkeit 30 Mio. €

Neuverschuldung 15 Mio. €

Damit steigt unserer Gesamtverschuldung allerdings auf 150 Mio. €

Gravierende Verschlechterungen gegenüber den Ansätzen 2019

  • Steigerung der Transferaufwendungen ÖPNV von 3,5 Mio. Euro
  • Steigerungen der Personalaufwendungen, brutto 2,9 Mio. Euro sie steigen von 40,5 auf 43,4 Mio.€ über 7%
  • Steigerung der Jugendhilfeaufwendungen, netto 2,6 Mio. Euro, dahinter verbergen sich die Erhöhten Kita-Zuschüsse an unseren Kommunen

Gravierende Verbesserungen gegenüber den Ansätzen 2019

  • Kreisumlage mehr 4,3 Mio. Euro trotz Senkung
  • Schlüsselzuweisungen 4,3 Mio. Euro
  • Sozialhilfe 4,1 Mio. Euro, dahinter steckt die zurückgehende Flüchtlingshilfe

Warum nenne ich ihnen in diesem Jahr so ausführlich die Haushaltszahlen, weil zwei Entwicklungen uns Sorge bereiten müssen:

Die Verschuldung von 150 Mio. €, auch wenn es sich hier um investive Schulden handelt und Werte dagegen stehen, sie erreichen mittlerweile eine Rekordhöhe. Schaffen wir hier nicht einen "turn around", sind wir in unserer zukünftigen Handlungsfähigkeit enorm einschränkt. Wir haben alle noch viele Investitionsziele im Kopf, lassen sie uns hier handlungsfähig bleiben. Wir sehen, dass auch die Kommunalaufsicht bereits auf dieses Problem aufmerksam macht und uns bei der Aufstellung des Haushaltes einschränkt. Hier haben wir ein Problem und das müssen wir auf unsere Agenda nehmen.

Das zweite Problem ist aber wohlmöglich noch viel gravierender. Die Höhe der Personalkosten und die stetige Steigerung. Ich kann mich noch an einen Haushalt vor 10 Jahren erinnern, da haben wir die Personalkosten auf 24 Mio. € gedeckelt, 2020 sind wir bei einem Ansatz von 43,4 Mio. €. Wenn die Entwicklung so weiter geht haben wir innerhalb von 15 Jahren die Personalkosten verdoppelt. Hier müssen wir gegen steuern und gemeinsam mit der Verwaltung nach Lösungen suchen. Es muss uns klar sein, mit diesen Steigerungen kann es so nicht weiter gehen, wenn wir unserer Handlungsfähigkeit bei der Haushaltsaufstellung behalten wollen. Andererseits kennen wir alle Bereich in der Verwaltung, wo wir uns noch mehr Personal wünschen würden. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe hier keine Lösung und ich will nicht unterstellen wir haben zu viel Personal in der Verwaltung, nein ich bin auch ein Stück ratlos, aber wir müssen uns gemeinsam um dieses Problem kümmern. Also Personalkosten müssen ganz oben auf unsere Agenda. Ich denke, dies war auch aus der Stellungnahme der Hauptverwaltungsbeamten zum Haushalt herauszulesen.

Wir können uns das zurzeit noch alles leisten, wir haben aber sofort ein Problem, wenn die Einnahmen einbrechen. Wir gehen alle davon aus, dass es so bleibt, wenn aber nicht sollten wir doch wenigstens über einen Plan B nachgedacht haben.

Einen Plan B gibt es beim Klima nicht und es ist bemerkenswert, mit welcher Wucht und Intensität dieses Thema auf uns trifft und uns immer mehr in die Verantwortung zieht. Hier im Kreistag die einen schon mehr als die anderen, aber es gibt aktuell kein anderes Thema mehr und ich bin der festen Überzeugung, dass zukünftig dieses Thema bei allen Entscheidungen einen maßgeblichen Einfluss hat. Erste Haushaltsansätze zum Thema Klimaschutz sind in diesem Haushalt enthalten, da gibt es schon gute Anträge von SPD, CDU, Grüne und den Linken, aber das ist noch alles nicht ausreichend.

Der Klimawandel ist da und wer mit offenen Augen und Ohren durch die Welt geht kann/muss wahrnehmen, dass sich etwas verändert. Heuschreckenplage in Afrika, Brände in Australien, Gletscherschmelze in den Alpen, Erwärmung der Arktis und bei uns verändern sich die Jahreszeiten. Die Folgen kommen alle noch auf uns zu und wir wissen, eine Umkehr ist bald nicht mehr möglich. Sie fragen sich, was kann der Landkreis Lüneburg gegen den globalen Klimawandel tun. Ich sage Ihnen viel für unseren Zuständigkeitsbereich und um den geht es in der Kreistagspolitik. Wir verändern hier nur minimal die Verhältnisse woanders, aber wir können die Verhältnisse vor Ort aktiv umsteuern.

Angela Merkel hat in Davos erklärt warum der Klimaschutz stärker ein Thema für junge Menschen ist und dass wir älteren dies nicht so dramatisch sehen, weil wir auch nicht mehr so lange leben. Sie hat uns aber aufgefordert den berechtigten Forderungen der Jungen zuzustimmen und uns an unsere Verantwortung erinnert. Das fand ich schon beeindruckend von unserer Kanzlerin. Beeindruckend ist auch die Forderung in Brüssel nach einem Green Deal von der Präsidentin der Europäischen Kommission Frau von der Leyen. Der ganze Kontinent Europa soll bis 2050 klimaneutral sein. Auch dass das Parlament in großer Mehrheit den Klimanotstand beschlossen hat, ist ein gutes Zeichen. Ich frage mich, wenn das in Deutschland in Europa alles geht, warum geht es noch nicht mit großer Mehrheit hier im Kreistag. Herr Böther, da würde ich auch von Ihnen als neuen Landrat persönlich und für die Verwaltung ein klareres Zeichen erwarten. Bisher erscheint es mir, als wolle die Verwaltung z.B. mit dem Einsatz des European Energy Award den Klimawandel verwalten, aber wir wollen den Klimaschutz aktiv gestalten. Ich glaube das ist zurzeit der große Unterschied zwischen den Fraktionen hier im Kreistag. Von daher war auch die Forderung von SPD, Grüne und Linke den Landkreis bis 2030 klimaneutral zu gestalten eine klare Zielvorgabe, durchaus ambitioniert, wie ich zugeben muss, aber wenn ganz Europa bis 2050 klimaneutral ist, dann sollten wir als hochtechnisiertes Land dies hier im Kleinen wohl schneller schaffen. Hier würde ich mir ein deutliches Zeichen von allen wünschen.

Und von daher haben wir auch gefordert, dass so ein wichtiger Tagesordnungspunkt dann auch im Kreistag abgestimmt wird, ein Kreisausschuss-Beschluss unter Ausschluss der Bevölkerung reicht mir dafür nicht. Wenn unser aller Ziel ist, zu versuchen, den Landkreis bis 2030 klimaneutral zu gestalten, dann sollte dieses Signal auch kraftvoll vom Kreistag ausgehen.

Die SPD-Fraktion hat sich in einer Klausurtagung dem Thema angenommen und wir haben mit unserem Klimapapier klare Forderungen aufgestellt. Für die SPD-Fraktion hat der Klimaschutz in den nächsten Jahren im LK äußerste Priorität. Ein Teil unserer Forderungen haben wir bereits in Anträge umgemünzt:

  • Modellregion Wasserstoff Region
  • Klima Masterplan
  • 365 € Modellregion
  • Aufwertung der Klimaschutzleitstelle
  • Klimaschutz als Chefsache
  • Radverkehr/Radwegebau, die Forderung nach 10 € pro Einwohner pro Jahr zu investieren

Darüber hinaus unterstützen und fordern wir:

  • Weiterer Ausbau des ÖPNV als Alternative zum individuellen Verkehr
  • Umstellung kommunaler Fuhrparks auf nachhaltige Antriebssysteme
  • Öffentliche Gebäude klimafreundlich zu gestalten
  • Förderung von Kommunalwald und Landschaftsschutz

Dazu gibt es auch schon teilweise Anträge aus anderen Fraktionen, die wir natürlich unterstützen.

Ich habe den Punkt Klimaschutz nun sehr stark ausgeführt, weil ich denke dies wird das zukünftige Themenfeld sein, mit dem wir uns neben all den anderen Themen schwerpunktmäßig beschäftigen werden.

Allgemein zum Haushalt möchte ich noch ausführen, dass wir das umfangreiche Zahlenwerk in den einzelnen Ausschüssen ausgiebig besprochen haben, Herr Mennrich hat die einzelnen Haushaltspositionen umfänglich dargestellt, lassen Sie mich aus Sicht der SPD-Fraktion aber noch auf einzelne Positionen eingehen, die uns außer des Klimawandels besonders wichtig waren, bzw. die wir eigebracht haben.

Die Neuaufstellung des ÖPNV gilt es jetzt im Betrieb genau zu beobachten und Schwächen zu verbessern. An der Struktur muss in Teilen noch gearbeitet werden z.B. fehlende elektronische Anzeigen, wir werden das genau beobachten und analysieren und dann unserer Verbesserungsvorschläge einbringen.

Gleiches gilt für die Jugendcard bzw. der Vergünstigung der Schülerfahrkarten für den SEK II Bereich. Auch hier werden wir demnächst einen Zwischenbericht einfordern und dann ggf. nachsteuern.

Wichtig ist uns nach wie vor die Förderung von bezahlbarem Wohnraum, wir haben mit unserem Antrag zur Vermarktung des dann ehemaligen Betriebsgeländes des SBU in Embsen einen ersten konkreten Anstoß gegeben und haben zur Förderung weiterhin Geld im Haushalt eingestellt.

Die Arena ist auch dank der Firma Reese in ruhiges Fahrwasser und im Kostenrahmen. Hier scheint sich eine positive Entwicklung abzuzeichnen. Kritisch hingegen sieht meine Fraktion jetzt noch einmal ein Umschwenken bei der Vermarktung vorzunehmen, um damit dann sicher die Umsatzsteuer ziehen zu können. Wir werden uns ja noch an anderer Stelle intensiv damit beschäftigen. Ich merke aber schon einmal an, dass meine Fraktion von den Vorteilen bisher nicht überzeugt ist.

Wir haben beantragt, die Jagdsteuer abzuschaffen, ich mochte mich hierzu nicht weiter äußern, da es dazu noch einen eigenen TOP gibt.

Dies sind einige Projekte von der Vielzahl der beschlossenen Maßnahmen.

Bei allen Kreistagsfraktionen möchte ich mich für Ihre konstruktiven Ideen und gute Zusammenarbeit bedanken. Ich denke, wir alle können sich in Teilen in dem Haushalt wiederfinden. Dieser Haushalt ist ein Spiegelbild unserer vielfältigen Diskussionen, mehr konkrete Maßnahmen für den Klimaschutz hätte sich meine Fraktion dabei gewünscht, aber wir werden ja bereits in diesem Jahr den nächsten Haushalt aufstellen und dann die Akzente noch einmal deutlich verschieben.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!