Rede des Fraktionsvorsitzenden Franz-Josef Kamp zum Antrag der AfD/Die Basis, die Trierer Erklärung zurückzunehmen. Vom 21.11.2024.

Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Freundinnen und Freunde der Demokratie!

Am 15.02. d. J. haben wir eine Resolution gegen Menschenverachtung und Rechtsextremismus in den Lüneburger Kreistag eingebracht, weil es immer mehr Menschen in unserem Land leid war, dass langsam, Stück für Stück, aber scheinbar unaufhaltsam die Grenzen des Sagbaren und des Denkbaren nach Rechts verschoben wurden. Seit dem ist es nicht besser geworden und die Wahlen in Ostdeutschland haben es nicht besser gemacht.

In ihrem Antrag bemängeln Sie (die Gruppe AfD/Die Basis) nun, dass wir damals unseren Unmut über die Trierer Erklärung kund getan haben. Sie sehen dort Falschinformationen und Fehlinterpretationen, ja wenn das so ist, hätte ich besser einen eigenen Text benutzt, denn es geht hier gar nicht um die wörtliche Wiedergabe, es geht um den Geist der Erklärung. Es geht um Demokratiefeindlichkeit, Hass und Hetze, die von Mitgliedern ihrer Partei ausgehen. Und dies nicht ein bisschen, sondern so doll, dass folgendes geschehen ist:

06.02.24

Der Verfassungsschutz hatte die AfD-Jugendorganisation 2023 als gesichert rechtsextrem eingestuft. Der Eilantrag der Partei dagegen ist abgewiesen worden. Auch das Gericht sieht verfassungsfeindliche Absichten.

07.02.2024

Die AfD ist mit einem Eilantrag gegen eine Passage des Verfassungsschutzberichts des Jahres 2022 gescheitert. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin durfte der Bund in dem Bericht schreiben, dass die AfD ein extremistisches Personenpotenzial von etwa 10.000 Menschen oder 30 bis 40 Prozent aller AfD-Mitglieder habe. Diese Passage wollte die Partei aus dem Verfassungsschutzbericht streichen lassen. Das Verwaltungsgericht kam jedoch zu dem Schluss, dass das Bundesinnenministerium berechtigt ist, die Öffentlichkeit über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu informieren, wenn dafür hinreichend gewichtige Anhaltspunkte vorliegen.

18.11.24

Eine Gruppe von 113 Abgeordneten verschiedener Parteien hat einen „Antrag auf Entscheidung des Deutschen Bundestages über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der ,Alternative für Deutschland'“ (20/13750) vorgelegt. Danach soll der Bundestag beim Bundesverfassungsgericht beantragen, festzustellen, dass die AfD verfassungswidrig ist.

Und die letzte Diskussion über „Remigration“ war dabei nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Wir nehmen es nicht mehr hin, dass rechtsextreme Kräfte eine Atmosphäre der Verunsicherung, der Angst und des Hasses in unserem Land und in unseren Städten und unserem Landkreis schüren. 

Es ist richtig, dass Demokratinnen und Demokraten Streit aushalten und Widerspruch akzeptieren müssen. Was wir aber nicht akzeptieren, ist, wenn der Kern unserer Verfassung und die Basis unseres Zusammenlebens angegriffen wird: die Würde des Menschen.

Deshalb haben wir zu diesem Kreistag eine Resolution eingebracht und wollen dies hier diskutieren. Es gilt, die offene Bürgergesellschaft zu stärken und einen Aufstand der Anständigen zu organisieren.

In der Begründung verweisen die Antragsteller darauf, dass die Prüfung, ob eine Partei verfassungswidrig ist, nach Grundgesetz-Artikel 21 Absatz 4 allein beim Bundesverfassungsgericht liege. Liegen jedoch Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Partei verfassungswidrig ist, seien Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung berechtigt, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag einzureichen, um die Verfassungswidrigkeit prüfen zu lassen. „Nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD bundesweit als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft hat, liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Partei verfassungswidrig ist“, heißt es in der Begründung weiter. Danach soll der Bundestag ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD anstrengen, „um dem vom Grundgesetz vorgesehenen Schutz der Verfassung angemessen Rechnung zu tragen“. 

Vorgeworfen wird der AfD in der Begründung unter anderem, sich gegen zentrale Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu wenden. So würden die Würde des Menschen sowie das Diskriminierungsverbot „durch die AfD, ihre führenden Funktionäre sowie zahlreiche Mandatsträger und Mitglieder mittlerweile unverhohlen in Frage gestellt“.  Die AfD kann in mitteldeutschen Bundesländern als gesichert rechtsextrem eingestuft werden.

In den Bundesländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden die AfD-Landesverbände bereits von den Landesämtern des Verfassungsschutzes als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und entsprechend beobachtet. Das gilt auch für einige AfD-Nachwuchsorganisationen.

Ich könnte jetzt noch weiter fortfahren, also der Geist und die übergeordnete Aussage unserer Resolution bleibt weiterhin bestehen und ganz im Gegenteil, die Verdachtsmomente gegen ihre Partei sind eher mehr geworden.

Dies vorausgestellt halte ich ihren Antrag als ausgesprochene Frechheit und Missachtung unseres Kreistagsgremium.

Wenn Sie das alles anders sehen, dann wundert es mich, das sie nicht aufstehen und sich gegen die Mitglieder ihrer Partei stellen, die den Boden der demokratischen Verfassung verlassen haben, stattdessen verteidigen sie sie.

Die Trierer Erklären sollte symbolisch verstanden werden und nicht wortwörtlich, von daher gibt es nichts zurück zu nehmen.